Ist die nicht richtig sozialisiert?
- B K

- 24. Juli
- 3 Min. Lesezeit

Die Situationen, in denen man das hört, ähneln sich oft:
Es findet irgendwo ein (oft zumindest von einer Seite) ungewollter Hundekontakt statt und einer der Hunde reagiert „not amused“ bis aggressiv. Der andere ist oft ein typischer „TutNix“, der zwar nicht aggressiv reagiert, aber stumpf die Individualdistanz des anderen unterschreitet, aufdringlich wird und auf die Kommunikationssignale des anderen nicht reagiert. Oder sogar ins Mobben geht.
Der Halter des stumpfen TutNix reagiert leicht ungehalten und zeigt wenig Verständnis.Was hat der denn? Meiner macht doch gar nichts! Der will doch nur spielen! Wieso reagiert ihrer denn so aggressiv? IST DER ETWA NICHT GUT SOZIALISIERT? Manchmal auch: Der ist ja total ASOZIAL!
In vielen Fällen kommen dann noch belehrende Worte hinterher:
Waren sie denn nicht beim Welpenspiel? Hat der nicht genügend soziale Kontakte gehabt? Haben sie den nicht genug mit anderen Hunden spielen lassen?
Was ist denn eigentlich diese Sozialisierung?
Lehrbuchgemäß ist das die Gewöhnung an die belebte Umwelt. Dazu gehören andere Hunde, Tiere anderer Art und jegliche Form von Menschen.
Die Phase, in die diese Gewöhnung grundsätzlich fällt ist die sozialsensible Phase des Welpen ca. zwischen der 5. und der 20. Lebenswoche.Reize und Gegebenheiten, die in dieser Zeit entspannt kennengelernt werden, werden tief abgespeichert und dienen so ziemlich das ganze Leben als Abgleich für nicht beunruhigende Sachen. So ist es gut, wenn der Welpe in dieser Zeit verschiedene Hunde kennenlernt.
Soziale Erfahrungen in dieser Zeit sind also wichtig. Aber wie ist es denn damit? Hilft viel auch viel? Möglichst große Welpengruppe und dann toben die da durch die Gegend? Und danach? Auf der Hundewiese Leine ab und los?
Nein... natürlich nicht! Hier geht ganz klar Qualität vor Quantität. Ausgesuchte soziale Kontakte sind wichtig. Der Welpe / Junghund soll GUTE Erfahrungen machen, in denen er lernt, wie der andere kommuniziert, und wie er kommunizieren kann, damit es verstanden wird. Hier wird der Grundstein für Selbstbewusstsein und Selbstwirksamkeit gelegt.
Welcher Hund ist denn nun wirklich gut sozialisiert? Der TutNix, der überall rein brettert, zwar nicht beißt, aber irgendwie keine Idee von feinen körpersprachlichen Signalen hat, oder der Hund, der sehr klar kommuniziert, dass er keinen Kontakt möchte, schon aus der Ferne, dessen Signale aber einfach überlaufen werden und der dann keine andere Wahl hat, als sich auf massivere Weise zu wehren?
Ich kenne genau solche Situationen, wie ich oben beschrieben habe mit meiner Jusha. Sie hatte eine gute und behütete Welpenstube und nach ihrem Umzug zu uns Kontakt zu unseren beiden anderen Hunden und ausgesuchten Hunden aus der Bekanntschaft. Sie war anfangs eher zurückhaltend und musste viel vor der Ferne schauen. Direkte Kontakte haben sie eher hektisch werden lassen und dann war sie auch abwehrend.
Wir waren nicht zur Welpen- oder Junghundstunde und auch nicht auf Hundewiesen.
Seitdem sie sicherer ist, reagiert sie auf solche ungewollten Kontakte nicht immer nett aber körpersprachlich sehr klar. Oft vertreibt sie die Hunde oder geleitet sie sehr bestimmt zu den Haltern zurück. Nicht alle finden das toll, weil sie als schwarzer größerer Hund eben auch Eindruck auf die Menschen macht. „Das ist die dominante Hündin“ sagen viele hier.
Aber ist sie deshalb schlechter sozialisiert, als der TutNix? Klares NEIN von mir, eher ist das Gegenteil der Fall.
Klar, im Kontakt fixiert sie ihr Gegenüber schon mal, macht sich dann groß, bekommt eine Bürste. Sie ist halt auch wer und stellt sich dar! Viele Hunde versucht sie durch eine Aufstampfen wegzuschicken. Oder sie rennt einmal hin und motzt. Bei manchen Hunden kann sie aber auch total weich und sehr nachgiebig sein. Das kommt eben auf das Gegenüber an. Und da liegt auch ihre soziale Stärke. Sie differenziert und stellt sich auf die Hunde ein. Und handelt meines Erachtens nach immer angemessen und fair. Brettert ein Hund in unsere Gruppe, bekommt er eben eine passende Antwort. Der Schutz von Fina ist ihr da auch sehr wichtig. Auch eine tolle soziale Eigenschaft. Verantwortung übernehmen und die Gruppe schützen.
Und deshalb darf sie auch genau so agieren. Sie muss nicht alles regeln, darf drüber stehen, aber wenn es nötig ist, darf sie handeln. Manche Hunde laufen in Jushas Gegenwart deutlich ruhiger mit und reißen sich zusammen, manche werden mit ihr wunderbar locker und bei manchen braucht sie viel Abstand, um nicht aus der Fassung zu geraten.
Für mich ist Jusha eine hochkompetente Hündin, die eine tolle Ausstrahlung hat und weiß, wer sie ist! Die Problematiken anderer Hunde erkennt und den meisten gerne helfen würde, mehr in die eigene Mitte zu kommen.





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