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Bedürfnisorientierung statt Ablenkung

  • Autorenbild: B K
    B K
  • 4. Sept. 2024
  • 4 Min. Lesezeit

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Was sind die Bedürfnisse unserer Hunde?

  • Grundbedürfnisse wie Schlafen, Fressen, Sicherheit, körperliche Unversehrtheit 

  • soziale Interaktion mit Artgenossen und Sozialpartnern

  • typentsprechender Umgang (geht auch in Richtung Sicherheit)

  • Ressourcen (Futter, Objekte, Personen, Territorium, Sexualpartner)

  • gibt bestimmt noch mehr

 

Eine Beispielsituation:

Der Hund pöbelt an der Leine andere Hunde an. Welches Bedürfnis hat er gerade? Vielleicht das Bedürfnis nach Abstand (Sicherheit, körperliche Unversehrtheit), Ressourcenverteidigung oder sozialer Interaktion.

 

Beim Bedürfnis nach Sicherheit geht es beim Hund oft um Individualdistanz und körperliche Unversehrtheit. Dies ist sehr individuell und eventuell durch schlechte Erfahrungen vergrößert.

Der Hund will also Böses von sich fernhalten und pöbelt, weil er oft schon früh die Lernerfahrung gemacht hat, dass es so zu keinem Kontakt kommt. Der eigene Besitzer hält ihn zurück und die anderen weichen eher aus. Oder der Besitzer vermeidet den Kontakt von vornherein.

Oder es geht den Hund um Ressourcen. Das kann sein Halter sein, sein Futter, welches der Halter im Futterbeutel dabei hat, sein Territorium, welches von den Hunden unterschiedlich gesehen wird. Manchmal wird schon die Straße, auf der man täglich geht, als das eigene Territorium angesehen. Auch hier will er den anderen Hund eher vertreiben. Je nach eigener Ernsthaftigkeit wird er dabei oft immer heftiger. Nach dem Motto „Jetzt hab ich’s dir doch schon 100x gesagt, verp… dich jetzt endlich!“

Manchmal geht es dem Hund aber auch um soziale Interaktion. Wenn er sich um den anderen Hund „kümmern“ möchte, weil er dort Bedarf sieht. Es gibt bestimmte Hunde, denen das sehr wichtig ist. Dann bellt der Hund an der Leine und will unbedingt zum anderen hin. Das ist vom Pöbeln oft nicht zu unterscheiden.

 

Was machen wir nun mit dem Hund in der Situation, wenn er in der Leine hängt und bellt?

Wie oft sehe ich, dass Hunde da „durchgefüttert“ werden, vielleicht sogar mit der Leberwurst Tube direkt vor der Nase. Das ist reine Ablenkung. Da wird in keinster Weise auf das Bedürfnis des Hundes in der Situation geschaut. Das ist als kurzfristige Managementmaßnahme natürlich völlig okay, beachtet aber nicht das Bedürfnis! Oft bleibt es deshalb auch komplett ohne Lerneffekt und man muss den Hund IMMER an anderen Hunden vorbei füttern.


Was kann man also anders machen, wenn man die Bedürfnisse des Hundes nicht außer Acht lassen will? Im ersten Schritt kann man erkennen, was als Bedürfnis hinter dem Verhalten des Hundes steckt. Warum tut er, was er tut? Im zweiten Schritt kann man seine Bedürfnisse akzeptieren und mit einer inneren Einstellung die Bereitschaft zeigen, dass man sich darum kümmert. Dann geht es noch um das Wahrnehmen der hündischen Kommunikation. Wie zeigt er sein Bedürfnis? Zeigt er mir vielleicht auch schon einen Lösungsweg? Bezogen auf das Bedürfnis nach Abstand und Sicherheit zeigen zB viele Hunde schon sehr früh vor dem eigentlichen Hundekontakt an, dass ihnen das unangenehm ist und sie lieber ausweichen würden. Die schnuppern zur Seite, wollen einen Bogen gehen oder so.Geht man da nicht drauf ein und geht weiter in den Kontakt, ist es ihnen für diese feinen Zeichen irgendwann zu nah und sie lösen aus.


Als Halter könnte man also, wenn man diese frühen Zeichen wahrnimmt, dem Bedürfnis des Hundes entsprechen. Wenn es möglich ist, geht man mit ihm einen Bogen, lässt ihn sich kurzzeitig am Rand „weg schnüffeln" oder man stellt sich schützend vor ihn. In allen Fällen lernt der Hund, dass sein Mensch sein Bedürfnis sieht und sein Verhalten dementsprechend verändert, also Rücksicht auf den Hund nimmt.

Es ist erstaunlich, was das allein schon beim Hund bewirkt! Etabliert man das, wird so das Vertrauen des Hundes zum Halter verbessert und im Gegenzug kann der Hund dann tatsächlich auch mal etwas aushalten, wenn es mal nicht anders machbar ist. Hab ich schon oft beobachtet und bei meinem eigenen Hund selbst so erlebt.

 

Ich könnte jetzt viele Beispiele durchspielen. Es kommt im ersten Schritt immer darauf an, das Bedürfnis des Hundes hinter seinem Verhalten zu erkennen. Dafür lohnt es sich sehr, sich mit der feinen Kommunikation der Hunde insgesamt und dem Erkennen dieser beim eigenen Hund zu beschäftigen.


Auch ein tieferes Wissen über die Persönlichkeit des eigenen Hundes ist dafür notwendig. Denn daraus ergeben sich sehr viele unterschiedliche Bedürfnisse.

Und zuletzt natürlich die Bereitschaft, die Bedürfnisse des Hundes auch wirklich zu berücksichtigen und nicht mit immer noch hochwertigerer Belohnung darüber hinwegzugehen.

 

Hunde sind, wie wir auch, hochsoziale Lebewesen mit einer vielschichtigen Persönlichkeit. Sie leben in sozialen Strukturen und ihr Verhalten hängt von allem ab, was sie umgibt. Alle Hundehalter sind eingeladen, dieses wahrzunehmen und den individuellen Umgang damit zu lernen. 


Manche Hundetrainer antworten auf die Fragen, warum ein Hund irgendetwas tut, gerne mit “weil er’s kann!” Hört sich erstmal cool an, vermittelt mir aber oft den Eindruck, dass da das wirkliche Wissen nicht an erster Stelle steht.


Auch wenn mir ein Hundetrainer sagt, der Hund pöbelt, weil er das geil findet, bin ich gedanklich so gar nicht dabei. Macht man sich die Mühe, tiefer in das Wesen des Hundes einzutauchen, stehen gerade hinter den heftigsten destruktiven Verhaltensweisen oft Sorgen, Nöte, Bedürfnisse und sogar tiefe Traumata.

Ich finde, wir sind es den Hunden in unserer heutigen Zeit schuldig, uns in diese Richtung fortzubilden! Es lohnt sich einfach so sehr!


Wenn es hier insgesamt so scheint, als wäre ich ein Gegner von Belohnungen, so stimmt das absolut nicht. Natürlich gibt es Situationen, in denen eine (Futter-)Belohnung sinnvoll ist. Beim Anlernen von Verhaltensweisen, die der Hund so nicht in seinem natürlichen Repertoir hat zB, oder als Feedback bei einem sehr erfolgreichen Rückruf...


Man muss meiner Meinung nach nur gut acht geben, dass man in seiner Arbeit am Hund dem (vielleicht sogar eigenen) Anspruch, bedürfnisorientiert zu handeln, auch wirklich entspricht und den Hund nicht zu einem kompletten Opportunisten degradiert, bei dem alles nur “eine Frage der Bezahlung” ist. Da hat man meines Erachtens das Wesen des Hundes eindeutig verkannt und in sozialer Hinsicht absolut unterschätzt.


Wenn du Fragen zur Kommunikation von Hunden hast, dir Unterstützung wünscht oder wissen möchtest, wie eine Analyse der Persönlichkeit deines Hundes funktioniert, dann schreib oder sprich mich gerne an.


 
 
 

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